Herkunft der ayurvedischen Medizin
Ayurveda bedeutet wörtlich übersetzt „Wissen vom Leben“. Die Ayurveda stellt das älteste umfassende Medizinsystem dar, das die Grundlagen einer gesunden Lebensweise beschreibt. Diese Lehre hat ihren Ursprung in den Veden, Schriften Indiens aus der fernen Vergangenheit. Die Veden gehen auf die inneren Erkenntnisse erleuchteter Weiser (Rishis) zurück. Die erste bedeutende Schrift über die ayurvedische Medizin (Charaka Samhita) ist um 1000 v. Chr. erschienen. Das zweite Lehrbuch (Sushruta Samhita) erschien ein Jahrhundert später und behandelt die ayurvedische Chirurgie. Das drittwichtigste ayurvedische Dokument (Ashtanga Hridayam) entstand im 7. Jahrhundert n. Chr. und stellt eine übersichtliche Zusammenstellung der zwei früheren Lehrbücher dar.
In dem Zeitraum zwischen dem 5. Jh. v. Chr. und dem 5. Jh. n. Chr. verbreiteten sich die Grundlagen der ayurvedischen Medizin in alle Teile der damals bekannten Welt (China, Tibet, Persien, Arabien, Ägypten, Griechenland und dem Römischen Reich), wo sie sich mit den lokalen Traditionen und Kulturgewohnheiten vermischten. Auf dieser gemeinsamen Grundlage entstanden dann nach und nach verschiedene Schulen und Systeme der Naturheilkunde. Deshalb wird die Ayurveda auch als „die Mutter aller Heilsysteme“ bezeichnet.
Die Sichtweise der ayurvedischen Medizin
Die ayurvedische Medizin stellt eine ganzheitliche und einfache Form des Behandlungsansatzes dar. Er zielt darauf ab, sich selbst zu verstehen und tiefere Ursachen unseres Gesundheitszustands aufzudecken. Die ayurvedische Medizin versucht zum Kern des Problems zu gelangen und die wahre Ursache der Krankheit zu entdecken - ob der Ursprung auf eine schlechte Ernährung, Lebensgewohnheiten, erbliche Belastung, negatives Denken oder ein emotionales oder energetisches Ungleichgewicht zurückzuführen ist. Sie gibt uns einen Einblick in den Gesamtzusammenhang, der unseren psychischen und körperlichen Zustand hervorbringt und beeinflusst.
Die ayurvedische Medizin verweist vor allem auf eine bewusste Vorbeugung und einen gesunden Lebensstil, weil es immer einfacher ist, eine Krankheit in ihren Anfängen zu heilen, als in einem fortgeschrittenen Stadium, wenn es bereits zu Schädigungen des Körpergewebes gekommen ist. Rund siebzig Prozent der Krankheiten haben ihren Ursprung in einer falschen Ernährung. Daher hängt der Erfolg einer ayurvedischen Therapie zum einen von einer richtigen Ernährung ab, und zum anderen auch von unserer Bereitschaft einige unserer derzeitigen Gewohnheiten und Verhaltensmuster zu ändern, weil sie oft die Ursache unserer gesundheitlichen Probleme darstellen. Die richtige Einstellung, eine starke Willenskraft und die Entschlossenheit unsere Gesundheitsprobleme zu lösen, sind der Grundstein des Erfolges.
Der ayurvedische Ansatz
Die ayurvedische Medizin richtet ihren Fokus nicht auf die Symptome selbst, sondern meist auf die Ursachen der psychosomatischen Unausgewogenheiten, die jeder Krankheit vorausgehen. Ein Symptom wird lediglich als ein Signal oder eine Warnung angesehen, dass etwas im Körper nicht in Ordnung ist und eine Korrektur auf einer tieferen Ebene notwendig ist. Somit strebt die ayurvedische Medizin danach, im Einklang mit den Grundsätzen eines gesunden Lebensstils den natürlichen Zustand der Harmonie im Körper wieder herzustellen, der sich als geistige und körperliche Gesundheit offenbart.
Folgt man einem ayurvedischen Programm des positiven Wandels, einschließlich guter Ernährung und regelmäßigem Gebrauch von Kräutern, ist es möglich verschiedenartige Beschwerden und chronische Leiden wie Hautkrankheiten, Probleme mit der Atmung, Verdauungsstörungen, Migräne, Übergewicht, Probleme des Blutkreislaufs und gynäkologische Schwierigkeiten zu beseitigen. Weitere Leiden wie Beschwerden der Wirbelsäule, der Gelenke und Muskeln, Schlaflosigkeit, Müdigkeit und Stress können ebenfalls überwunden werden
Grundprinzipien
Jeder Mensch wird mit einem einzigartigen Verhältnis der biologischen Prinzipien (Doshas) Vāta, Pitta und Kapha geboren – (in der tibetischen Auffassung: Wind, Galle und Schleim). Dies ergibt den genetischen Code des Einzelnen, der an der Gestaltung unserer geistigen und körperlichen Eigenschaften beteiligt ist.
Im Laufe des Lebens weicht der Anteil der verschiedenen Doshas (Vikriti) aus verschiedenen Gründen vom ursprünglichen angeborenen Zustand (Prakriti) ab, was folglich Auswirkungen auf unseren geistigen und körperlichen Gesundheitszustand hat. Geistiges Bewusstsein, Gedanken, Gefühle, zwischenmenschliche Beziehungen, Ernährung, Tagesablauf, Lebensstil, Jahreszeit und die Umgebung, in der wir uns bewegen, das alles wirkt sich auf das Gleichgewicht oder Ungleichgewicht der Doshas aus.
Die drei Grundprinzipien des Lebens - Vata, Pitta und Kapha - können wir nicht getrennt und unabhängig voneinander betrachten. Ihre Funktionen sind miteinander verbunden und ergänzen sich gegenseitig. Die Kenntnis der Weise oder des Weges, wie jedes dieser Doshas sich auswirkt, ermöglicht es uns, ihre Erscheinungsformen in gemischten Konstitutionen richtig zu erkennen. Die meisten Menschen haben eine gemischte Konstitution
Die Ursachen von Krankheiten
Gesundheit ist ein optimaler Zustand - ein harmonisches Funktionieren des gesamten Organismus. Gesundheit ergibt sich aus dem Gleichgewicht der drei biologischen Grundenergien (Vata, Pitta, Kapha) entsprechend dem angeborenen individuellen Zustand (Vikriti), sowie dem ausgewogenen Zustand der Körpergewebe und ihrer Funktionen, der Sinnesorgane, des Verstandes und des psychischen Bewusstseins. Jeder Mensch wird mit einem ausreichenden Maß an gesundem Menschenverstand ausgestattet, damit er in der Lage ist, zwischen Angemessenem und Unangemessenem, zwischen Gesundem und Schädlichem zu unterscheiden. Der menschliche Körper bietet uns in Form von Signalen all die benötigten Antworten, auf die wir entweder hören oder nicht.
Jedes unangenehme Gefühl ist eine biochemische Reaktion auf ein bestimmtes Problem, das sich tiefer unter der Oberfläche versteckt. Das Benehmen und das Verhalten eines Menschen werden durch sein Begierden und seine Wünsche bestimmt, die ihren Sitz im Verstand haben. Der Verstand beharrt in der Regel auf deren Erfüllung, auch wenn der Körper dadurch beschädigt wird. So missbraucht der Verstand oft den Körper, um seine Wünsche zu erfüllen. Deswegen beginnen die meisten Krankheiten im Verstand, bevor sie sich auf der körperlichen Ebene zeigen. Sie haben ihren Ursprung im rastlosen, unausgeglichenen und undisziplinierten Verstand, der voll falscher Ideen ist.
Folglich stellen Begierden die wesentliche Natur der Unwissenheit dar, in der sich Leiden, Krankheit und Schmerz verbirgt. Diese ersten falschen Impulse beginnen sich auf der körperlichen Ebene aufgrund der erhöhten Ansammlung einer der Energien Vata, Pitta oder Kapha gemäß ihrem Sitz an einem bestimmten Ort im Verdauungssystems zu zeigen. Im weiteren Verlauf führt dies zu Störungen der Ernährung und der Regeneration der sieben Körpergewebe (Dhatus) und anschließend zum unharmonischen Fluss einiger Lebensenergien. Ein derartig gestörter Energiefluss im Körper - seine Abweichung vom natürlichen Gleichgewicht - führt schließlich zu verschiedenen Arten von Krankheiten.
„Nur die Stille des Herzen kann die Krankheit des Verstandes heilen.“
—Sri Chinmoy