Vom Standpunkt der westlichen Wissenschaft aus ist Immunität die Fähigkeit des Körpers, sich selbst gegen schädliche Substanzen (Antigene) zu verteidigen, die sowohl aus der äußeren Umgebung als auch aus dem inneren Milieu des Körpers kommen können.
Das Immunsystem besteht aus Leukozyten (weiße Blutkörperchen), den Lymphorganen, wie dem Thymus und dem Knochenmark, wo die Lymphozyten (eine Art weißer Blutkörperchen) gebildet werden, als auch aus den Lymphknoten, der Milz und dem Lymphgewebe, das die Antigene einfängt. Heute ist die Immunologie einer der am schnellsten wachsenden Zweige der modernen Biologie.
'Wenn wir einen Blick auf das Wissen der ayurvedischen Medizin werfen möchten, werden wir entdecken, dass Immunität mehr als nur Widerstand bedeutet. Sie ist die tiefste Essenz der Lebensenergie des Körpers, die den Menschen nicht nur auf der physikalischen, geistigen und spirituellen Ebene schützt, sondern den Körper auch verjüngt und die Langlebigkeit und die innere Erfüllung steigert.
Die Basis der Immunität ist die psychosomatische Balance
Die grundlegende und erste Voraussetzung für eine gesunde Immunität ist die Balance der drei Bioenergien des Lebens (Doshas) Vata, Pitta und Kapha. Jeder Mensch wird mit mit einem einzigartigen Verhältnis dieser drei Energien geboren, die den fünf Elementen (Vata – Luft & Äther, Pitta – Feuer & Wasser, Kapha – Erde & Wasser) zugeordnet werden. Diese ursprüngliche Erstkonfiguration, die unsere physische Erscheinung ebenso bestimmt wie unsere geistigen Tendenzen und Neigungen, entsteht zum Zeitpunkt der Konzeption entsprechend dem Verhältnis der Doshas im weiblichen Ei und dem männlichen Samen und wird Prakrti genannt. Aufgrund von externen und internen Faktoren weichen dieses Gleichgewicht und das ursprüngliche Dosha-Verhältnis während des Lebens ab und der Ist-Zustand oder Vikrti wird gebildet.
Wenn wir mit unserer einzigartigen Charakteristik in Harmonie leben und einem angemessenen und gesunden Lebensstil folgen, richtig essen und gesunde zwischenmenschliche Beziehungen kultivieren, dann wird ein ausgewogenes Verhältnis der Doshas die physiologischen Funktionen und den Stoffwechsel des Körpers einschließlich der geistigen und seelischen Gesundheit in richtiger Art und Weise beeinflussen und formen. Im Ergebnis wird das Gewebe des menschlichen Körpers regelmäßig und ausreichend ernährt und ganz am Ende des Prozesses der Ernährung des Körpers wird die heilige Kraft der Immunität gebildet, die entsprechend des Ayurveda aus den drei subtilen Energien Ojas, Tejas und Prana besteht.
Die sieben Gewebe des Körpers – die Ernährung des Körpers
Wenn wir daher unsere natürliche Konstitution verstehen und unseren Körper in Übereinstimmung mit ihr behandeln, wird ein stabiler Stoffwechsel auf der Basis eines gesunden Levels des Verdauungsfeuers (Agni) in der Lage sein, Nahrung und Wahrnehmungen, die von außen kommen, in funktionelle und aufbauende Elemente unseres Körpers umzuwandeln.
Ayurveda unterscheidet sieben Körpergewebe (Dhatus), die den menschlichen Körper bilden. Aus dem Essen, das man zu sich nimmt, wird nach den ersten fünf Tagen eine farblose Flüssigkeit gebildet, die Plasma (Rasa) genannt wird, aus der nach weiteren fünf Tagen Blut (Rakta) gebildet wird, aus dem nach fünf Tagen Muskeln (Mamsa) gebildet werden, dann fetthaltige Gewebe (Meda), Knochen und Gelenke (Asthi), aus dem Knochenmark dann das Nervengewebe (Majja) und schließlich, nach weiteren fünf Tagen das männliche und weibliche Reproduktionsgewebe (Shukra/Arthava). Der ganze Prozess der Ernährung dauert 35 Tage, nach denen die Ojas, die subtile lebensnotwendige Essenz dieser sieben Körpergewebe, gebildet wird.
Die subtilen Substanzen der Immunität – Ojas, Tejas und Prana
Ojas, Tejas und Prana sind die feineren Essenzen der drei biologischen Energien (Doshas) Vata, Pitta und Kapha und sollten zu ihrem optimalen Verhältnis entsprechend der individuellen Prakrti passen.
- Ojas ist die reine Essenz des Kapha-Doshas, besonders das Element Wasser.
- Tejas ist die reine Essenz des Pitta-Doshas, besonders das Element Feuer.
- Prana ist die reine Essenz des Vata-Doshas, besonders das Element Äther.
Ojas – das tiefste Geheimnis der Immunität
Ojas ist eine lebende protoplasmatische Substanz, die die Basis der physischen Immunität jeder Zelle ist und die Integrität des Individuums schützt. Sie wird aus dem letzten (reproduktiven) Gewebe von (Shukra/Arthava) gebildet und enthält alle fünf basischen Elemente. Sie durchläuft das Herz, zirkuliert um den Körper herum und erhält die natürliche Widerstandskraft aller Gewebe aufrecht. Das Ojas enthält auch zahlreiche Hormone und erhält daher auch das hormonelle Gleichgewicht aufrecht. Wenn der Fluss des Ojas um den Körper herum zum Erliegen kommt, wird der Körper beträchtlich geschwächt. Jemand, der ein starkes Ojas hat, wird selten krank.
Exzessive Stimulation der Sinne und ein aktives Intimleben, intensive Frustration, ein hektischer Lebensstil und Stress schwächen das Ojas und dies ermöglicht negativen Energien, leichter in unser System einzudringen und Disharmonie zu schaffen. Je schwächer das Ojas ist, desto weniger Widerstandskraft haben wir gegen Stressfaktoren. Wenn die Stärke des Verdauungsfeuers (Agni) ebenfalls unzureichend ist, gibt es eine exzessive Ansammlung von Toxinen, die die Bildung dieser Essenz schwächen und somit die Widerstandskraft des Immunsystems reduzieren. Ein verringertes Ojas führt auch zu Brustschmerzen, Palpitationen, Kurzatmigkeit, Dehydrierung, Muskelschwund, Knochenschwund und Krebs.
Auf psychologischer Ebene vermittelt Ojas die Fähigkeit zu Mitgefühl, Liebe, Frieden und Kreativität. Meditation und Atemübungen (Pranayama) stärken die Kraft des Ojas und transformieren sie in spirituelle Energie, die die Aura kreiert. Dieser Zustand geistiger Ruhe ohne Beurteilung, ohne Anforderung oder Stress bringt geistige Stabilität, energetisiert den Körper und erweckt die Kraft der Seele. Eine Person mit starkem Ojas hat leuchtende Augen, ein beruhigendes Lächeln und eine starke Immunität.
Tejas – das Prinzip der biologischen Intelligenz
Tejas ist die Energie der biologischen Intelligenz einer jeden Körperzelle. Es repräsentiert innere Leuchtkraft und äußeres Strahlen. Es ist eine brennende Flamme inneren Lichts, der Wärme, der Verdauung, des Stoffwechsels, der Intelligenz, der Bewegung und der dynamischen Energie menschlichen Lebens. Auf der äußeren Ebene repräsentiert es die Wärme und Strahlung der Sonne.
Das Tejas kontrolliert den Stoffwechsel durch ein enzymatisches System und steuert die Umwandlung der Nahrungskomponenten in feine Gewebe. In der Essenz ist es auch eine Energie-Substanz einer mit Hitze behandelten Nahrung, die sanfter und leichter ist und für das Verdauungsfeuer leichter zu verdauen. Warmes Wasser hat einen reinigenden und entgiftenden Effekt auf die Verdauung. Kaltes Wasser erschafft Toxine und schwächt den Verdauungsprozess. Aus diesem Grund ist es viel schwieriger, die drei Essenzen des Lebens (Ojas, Tejas und Prana) allein von einer Rohkostdiät zu erhalten.
Ein Mangel an Tejas führt zu einer Überproduktion ungesunder Gewebe, die ein Turmorwachstum verursachen und den Fluss pranischer Energie verhindern. Heiße, scharfe und stechende Substanzen oder ein ungesunder Lebensstil und die Verwendung schädlicher Substanzen steigern das Tejas überproportional, was ein Verbrennen und den Verlust von Ojas zur Folge hat.
Auf der spirituellen Ebene ist Tejas die brennende Flamme reiner Intelligenz, die durch einen reinen Verstand, ein offenes Herz und ein harmonisches Leben klar gehalten werden muss. Dank Ojas kann man die Kraft des eigenen inneren Lichts erfahren.
Prana – die grundlegende Lebensenergie
Prana ist die führende Lebensenergie, die für das Funktionieren des Atmungs- und Kreislaufsystems, zusammen mit dem Muskel-Skelett-System und den sensorischen Funktionen des Körpers verantwortlich ist. Es ist die Triebkraft der höheren Gehirnaktivitäten (Erinnerung, Denken, Emotionen), des kardiovaskulären Systems, besonders der Herzaktivitäten, und der Oxygenierung der Körpergewebe und der einzelnen Zellen. Pranische Energie zündet ebenso das zentrale Körperfeuer (Agni).
Prana kontrolliert die biologischen Funktionen von sowohl Ojas als auch Tejas. Wir erhalten es aus der Atmosphäre, aus der Nahrung und aus Wasser. Indem wir atmen, dringt es sofort in uns ein. Es wird aufgefüllt durch Diät und Fluide auf der Basis der Aufnahme, insbesondere im Dünndarm und Dickdarm. Wenn die Lungen und der Darmtrakt geschwächt sind, kann der Körper nicht genügend Prana erhalten und die entsprechende Person verliert Lebensenergie.
Der Atem beeinflusst das harmonische Verhältnis zwischen der rationalen männlichen und der intuitiven weiblichen Energie in Form des wechselnden Ein- und Ausatmens durch das rechte (männliche) und das linke (weibliche) Nasenloch. Der gleichmäßige und ruhige Atemrhythmus ist daher für die bewusste Kontrolle unserer Emotionen und Gedanken sowie die Vertiefung des spirituellen Bewusstseins ein wichtiges Hilfsmittel.
Erkrankungen auf der Ebene von Ojas, Tejas und Prana
Alle drei Substanzen (Prana, Tejas, Ojas) haben ebenso ihren Sitz im Herz-Chakra und durchdringen gleichzeitig den ganzen Körper und den Verstand. Wenn das Vata-Dosha abweicht, dann beginnt das Ojas zu sehr auszutrocknen. Es tritt ein Gewichtsverlust auf und es entwickelt sich ein chronisches Fatigue-Syndrom.
Im Falle eines stark erhöhten Pitta-Doshas vermag das Tejas zuzunehmen, was buchstäblich das Immunsystem verbrennen kann. In diesem Fall entwickeln sich schwere sogenannte Autoimmunerkrankungen, bei denen die Körperzellen beginnen Antikörper zu produzieren, die scheinbar gesunde Zellen zerstören, wie im Fall von Morbus Bechter oder Morbus Crohn, Gicht, rheumatischem Fieber, multipler Sklerose, Psoriasis, Dermatitis oder dem Reynaud-Syndrom.
Wenn der Fluss des Ojas durch das angesammelte Kapha-Dosha blockiert ist, erscheinen Gefühle von Taubheit, Gliederschwere, Gelenkschwellungen oder Lipome, zusammen mit der Entwicklung von Diabetes, Fettleibigkeit, hohem Cholesterol und hohem Blutdruck. Ein Glaukom kann ebenfalls auftreten.
Die Erneuerung der Lebensenergie
Für eine gesunde Immunität sind Kraft und Ausgewogenheit der subtilen Energien Prana, Tejas und Ojas ebenso wichtig wie das individuelle Gleichgewicht von Vata, Pitta und Kapha. Der gesunde Zustand dieser essentiellen Energien erlaubt es dem Körper, Beeinträchtigungen auf körperlicher und geistiger Ebene zu begegnen, während ständig eine Verjüngung der einzelnen Gewebe und ihrer physiologischen Funktionen sowie ein Beitrag zur Langlebigkeit erfolgt.